WOLFHAGEN. Aus der Raiffeisenbank Wolfhagen und der Raiffeisenbank Calden wird die Raiffeisenbank HessenNord. Wir sprachen mit Vorstand Frank Möller über die Hintergründe.
Herr Möller, was sind die Gründe für den Zusammenschluss der Raiffeisenbanken Wolfhagen und Calden zur Raiffeisenbank HessenNord?
FRANK MÖLLER: Getrieben von den großen Herausforderungen Niedrigzinsphase, Digitalisierung und Regulatorik können wir nachhaltige Synergien nur über eine Verschmelzung heben. Einer Kooperation, wie wir sie bislang gepflegt haben, sind rechtliche und technische Grenzen gesetzt. Daher die Fusion.
Die Niedrigzinsphase wird vermutlich noch eine Weile anhalten und die Regulierungswut der EU wird sich auch nicht auflösen. Was bedeutet diese Entwicklung für die Banken?
MÖLLER: Fest steht, dass sich dieser Entwicklung jedes Institut stellen muss, egal wie stark es an der Finanzmarktkrise beteiligt war. Und das ist nicht richtig. Hierunter leiden insbesondere regional aufgestellte und bodenständige Genossenschaftsbanken. Die Banken werden sich insgesamt wieder verstärkt sowohl um den Privatkunden als auch den Firmenkunden kümmern, was wiederum die Wettbewerbssituation verschärft.
Das dauerhafte Niedrigzinsniveau reicht aus, dass in zwei bis drei Jahren nur noch wenige Banken auskömmliche Betriebsergebnisse erzielen können und ihr Heil in einer Verschmelzung suchen werden.
Welche Zukunft hätten beide Raiffeisenbanken, würden sie ihre Eigenständigkeit bewahren?
MÖLLER: Sofern unsere Verschmelzung nicht zustande gekommen wäre, hätten sich die Gremien beider Häuser mit den von mir genannten Herausforderungen auseinander setzen müssen und je nach Ertragsstärke der einzelnen Bank sicherlich einschneidende strukturelle Veränderungen in Angriff genommen. Maßnahmen, wie die Schließung von Geschäftsstellen und dem damit verbundenen nachhaltigen Abbau von Personal wären nur die ersten Entscheidungen.
Welche Vorteile bringt der Zusammenschluss den Kunden? MÖLLER: Ich bin mir sicher, dass auch die Kunden von einer regional ansässigen Genossenschaftsbank profitieren. Die Kompetenz bleibt vor Ort und verabschiedet sich nicht in eine Hauptstelle in 25 Kilometer Entfernung. Durch die neue Größenordnung ist es uns außerdem noch besser möglich, für die verschiedenen Bereiche Spezialisten für unsere Kunden vorzuhalten.
Gibt es auch Nachteile?
MÖLLER: Nein. Für die Kunden beider Banken ändert sich nichts zum Negativen, und es gibt bei unserer Verschmelzung keine betriebsbedingten Kündigungen.
Auf welche Veränderungen müssen sich Bankkunden einstellen?
MÖLLER: Der Bankname hat sich zur besseren Identifikation mit unserer Heimat geändert
in Raiffeisenbank HessenNord eG. Die Kunden der übertragenden Genossenschaft (Calden) erhalten eine neue IBAN. Bank- und Kreditkarten weiterhin gültig und werden erst zu ihrem individuellen Ablaufdatum ausgetauscht.
Vor welchen Herausforderungen steht die Bank in den kommenden fünf Jahren? Müssen sich Mitarbeiter und Kunden Sorgen machen?
MÖLLER: Kein Kunde und kein Mitarbeiter muss sich Sorgen machen. Im Gegenteil, wir brauchen jeden Mitarbeiter. Natürlich ist es mit einer Verschmelzung allein unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht getan. Wir werden neben einer aktiven Marktbearbeitung die Kosten weiter im Griff haben müssen. Zunächst erstmal werden wir mit dem neuen Mitarbeiterteam in der täglichen Praxis zusammenwachsen müssen. Die größte Herausforderung ist die dauerhafte Niedrigzinsphase. Die wichtigste Ertragssäule nimmt sukzessive ab. Diese Entwicklung ist allein von uns aus nicht steuerbar, da sie politisch gewollt ist. Wir müssen uns diesen Marktgegebenheiten stellen.
Erwarten Sie weitere Fusionen?
MÖLLER: Ja. Rechenzentralen, Zentralbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen fusionieren derzeit Land auf, Land ab. Den langfristigen Auswirkungen der Finanzmarktkrise kann sich kein Institut entziehen. Man will mit aller Macht andere Größenordnungen schaffen, um keine erneute Krise bei den Banken entstehen zu lassen. Dabei wird aber kein Unterschied zwischen einer regional tätigen Genossenschaftsbank und einer Großbank gemacht. Dieser Ansatz ist aber falsch, da nicht die Kleinen Schuld an der Finanzmarktkrise hatten sondern die Groß- und Spezialbanken.
Zur Person
FRANK MÖLLER wurde 1960 geboren und absolvierte nach der Schulzeit eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Nach seinem Wehrdienst übernahm er im Jahr 1981 die Leitung der Zweigstelle Bad Emstal. Von 1983 bis 1988 war er Leiter des Betriebsbereiches.
Von 1989 bis 1992 stand er an der Spitze des Regionalmarktes Süd. Bis zum Jahr 2006 war er Chef der Kreditabteilung.
Er ist seit dem Jahr 2007 Vorstand der Raiffeisenbank Wolfhagen. Künftig wird er gemeinsam mit Martin Thöne aus Calden Vorstand der Raiffeisenbank HessenNord sein. Frank Möller ist verheiratet, er hat zwei erwachsene Kinder und lebt in Bad Emstal-Balhorn. (ant)